26. Juli
Der 26. Juli ist für viele sicherlich ein bedeutender Tag. Ich wollte es genau wissen und habe den Tag gegoogelt:
Der 26. Juli ist der 207. Tag des gregorianischen Kalenders, in Schaltjahren der 208.
Am 26. Juli 2023 wurde die Schauspielerin Sandra Bullock 59 Jahre alt, der Schauspieler Kevin Spacey 64 und der Rolling Stone Mike Jagger 80. Mir unbekannte Stars wie Thomassen McKenzie, die in diesem Jahr 23; Dress Williams, der 53; Engin Altan Düzyatan, der 44 sowie Nana Victor, die 66 Jahre alt wurden, und andere, feiern am 26. Juli Geburtstag.
Die verstorbene deutsche Schauspielerin Hannelore Elsner wäre am 26. Juli dieses Jahres 81 geworden.
Der Drehbuchautor, Regisseur und Produzent Stanley Kubrick wäre heute 95, der amerikanische Schauspieler Jason Robards 101, Virginia Gilmore 104 und der Maler George Grosz 130.
An einem 26. Juli verstarben u.a. der bedeutende deutsche Mathematiker Gottlob Frege und die argentinische Politikerin Eva Perón.
Am 26. Juli 2008 wurden 56 Menschen getötet und über 200 bei Bombenanschlägen in Ahmedabad in Indien verletzt.
Am 26. Juli 1998 fanden freie Wahlen in Kambodscha statt.
Am 26. Juli 1977 beschloss das Politbüro des Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands neue „Versorgungsrichtlinien für Kaffee“. Dies war die Geburtsstunde des „Kaffee-Mix“, der nur noch aus 51 Prozent Röstkaffee bestand und deren Produktion nach Protesten aus der Bevölkerung wieder eingestellt wurde.
Am 26. Juli 1971 startete die „Apollo 15" vom „Kennedy Space Center" zum Mond.
Am 26. Juli 1965 erhielten die Malediven ihre volle Unabhängigkeit.
Am 26. Juli 1957 wurde mit einem entsprechenden Gesetz die Deutsche Bundesbank
eingerichtet. Sie soll insbesondere die Preisstabilität sichern. Am 26. Juli des selben Jahres wurde der deutsche Verleger Walter Janka wegen „konterrevolutionärer Verschwörung“ und „Boykotthetze“ vom Obersten Gericht der DDR zu fünf Jahren Haft verurteilt.
Am 26. Juli 1956, zwölf Jahre bevor die Konzession für die Kanalgesellschaft abgelaufen war, verstaatlichte Ägypten den Suezkanal, was zur Suezkrise führte.
Am 26. Juli 1956 versank auf dem Weg nach New York der italienische Luxusliner „Andrea Doria“ nach einer Kollision am Vortag vor der Atlantik-Insel Nantucket.
Am 26. Juli 1955 verkündete Nikita Chruschtschow die Zwei-Staaten-Theorie. Danach seien auf dem Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Zweiten Weltkrieg zwei souveräne Staaten entstanden.
Am 26. Juli 1945 gab der britische Premierminister Winston Churchill seinen Rücktritt bekannt.
Am 26. Juli 1805 hatte in Mittelitalien ein Erdbeben ca. 26.000 Tote gefordert.
Am 26. Juli 1788 war New York der elfte Bundesstaat der USA geworden.
Am 26. Juli 1634 hatten kaiserliche Truppen im Dreißigjährigen Krieg Regensburg zurückerobert.
Am 26. Juli 1529 hatte der Spanier Francisco Pizarro in Peru mit der Eroberung des Inka-Reichs begonnen.
Und so weiter …
Am 26. Juli haben die Namen Achim, Anita, Anja, Anna, Annette, Joachim Namenstag in der katholischen und anglikanischen Kirche.
Am 26. Juli 2023 war der Alles-oder-Nichts-Tag. Es sei der Tag gewesen, um zu wagen, was man schon immer wollte, aber sich nicht traute, anzugehen. Vermutlich hat jeder ein solches Unternehmen. Wir wissen jetzt, welches das des kubanischen Oberhaupts Díaz-Canel ist. Er würde gern eine Militärkaserne stürmen, denn: Solange die US-Regierung an ihrem Versuch festhält, sie mit ihrer völkermörderischen Blockade zu ersticken, solange sie nicht für jeden Kubaner ein Niveau an würdigem Wohlstand erreichen, werden sie eine Moncada zu stürmen haben, so Díaz-Canel.
Ich werde jetzt nicht darüber schreiben, was Díaz-Canel „Blockade“ nennt, aber „Embargo“ heißt. Ich werde nicht darauf eingehen, dass das US-Embargo gegen Kuba nicht sämtliche Wirtschaftszweige umfasst, und dass es den Import von Nahrungsmitteln und Medikamenten beispielsweise nicht betrifft. Auch nicht darauf, dass Kubas wirtschaftliche Krise eher an dem nicht funktionierenden Wirtschaftssystem und der internen Blockade der kubanischen Castros Regierung liegt. Und ebenso wenig darüber, dass genau diese Regierung mitnichten beabsichtigt, den Wohlstand eines jedes Kubaners zu garantieren, betrachtet man die Lage der mehr als tausend Menschen und ihrer Familien, denen man die Freiheit genommen hat, und die eines Volkes, dem man seit 64 Jahren nicht einmal die elementarsten Menschenrechte garantiert.
Ich möchte heute eher das Ereignis erwähnen, das an einem 26. Juli geschah und das man als den Beginn der kubanischen Revolution bezeichnet. Also das Ereignis, mit dem Fidel Castros Pläne, sich eine Insel mit Millionen Menschen anzueignen, ihren Lauf nahmen. Die Geschichte erzählte man mir so: Am 26. Juli 1953 stürmte eine Gruppe junger Revolutionäre um den damals 26 jährigen Fidel Castro die zweitgrößte Militärkaserne des Landes, die „Kaserne Moncada“ in Santiago de Cuba. Auf dem Weg zur Kaserne verfuhren sich die Führer der Fahrzeuge mit den besten Waffen und sie kamen nicht rechtzeitig an. Vor Ort haben Fidel Castro und einige der jungen Männer gewartet und wurden von einer Patrouille entdeckt. Fidel Castro ordnete den Rückzug an. Der Angriff war gescheitert. In der Folge verloren etliche Revolutonäre ihr Leben.
Viele sehen das heute mit Skepsis: Wieso ging Fidel Castro ein solch abenteuerliches Risiko ein, im Wissen, dass sie nicht die kleinste Chance gegen das Militär hatten? Nahm er bewusstden Tod so vieler jungen Menschen in Kauf? Führte er seine Mistreiter aus Sensationslust in den sicheren Tod? Opferte er das Leben jener jungen Menschen, um auf sich und die Rebellen in spe aufmerksam zu machen? Und wieso gelang es gerade ihm - und seinem Bruder Raúl -, unversehrt davon zu kommen?
Es wird viel spekuliert, aber manche Spekulationen machen mehr Sinn als die in Ideologie verpackte Geschichte, die man uns als Schüler in Kuba erzählt hat.
Heute hört man, Fidel Castro habe in einem der Autos gesessen, die nicht rechtzeitig in der Kaserne ankamen, weil der Fahrer sich verfahren hatte. Doch Fidel Castro lebte seit Jahren in der relativ kleinen Stadt. Es ist anzunehmen, dass er sie kannte. Laut dem Historiker Antonio de la Cova, der angibt, einige der dabei gewesenen Rebellen interviewt zu haben, hätten weder Fidel noch Raúl Castro aus ihren Waffen an jenem 26. Juli gefeuert. Haben sie sich so geschützt? Schrieben die Castros den Verlauf der Ereignisse um? Täuschten sie uns mit ihrer Version? Es dürfte stimmen, dass Geschichte von denen, die am Ende den Krieg gewinnen, erzählt wird. Wie es wirklich war, wissen nur sie.
Fidel Castro wurde übrigens keine Woche später in den Bergen, wo er sich versteckt hielt, gefangen genommen. Er bestand darauf, sich vor Gericht selbst zu verteidigen, nutzte es dann als Bühne, um sich als Retter der Armen und Ausgebeuteten in Batistas Kuba darzustellen. Er soll seine Verteidigungsrede mit dem legendär gewordenen Spruch abgeschlossen haben: Condenadme, no importa, la historia me absolverá! (Verurteile mich!, es spielt keine Rolle. Die Geschichte wird mich freisprechen). Er wurde zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt, kam jedoch kurz darauf im Rahmen einer Generalamnestie frei.
An einem 26. Juli heiratete übrigens mein Onkel seine erste Frau, von der er sich einige Jahre später scheiden ließ. Am 26. Juli 2023 war der Welttag des Tofu (World Tofu Day), der Tag des Kaffee-Milchshakes (National Coffee Milkshake Day) und der Tag des Bagelfests (National Bagelfest Day) in den USA.
An jeden 26. Juli muss ich daran denken, dass das Castro-Regime diesen Tag als einen glorreicher Tag feiert, in diesem Jahr zum 70. Mal.
Aber am diesjährigen 26. Juli dachte ich auch daran, wie ungerecht das Leben ist, um nicht wieder mal über die Ungerechtigkeit des kubanischen politischen Systems zu sinnieren: Fidel Castro rebellierte mit Waffengewalt gegen die damalige Regierung, Menschen starben. Er wurde zu 15 Jahren Haft nach einem gerechten Gerichtsverfahren verurteilt, das ihm sogar eine Bühne für seine politischen Statements bot, und kam nach einem Jahr und sieben Monaten frei. Die mehr als tausende politischen Gefangenen, die heute in Kubas Gefängnissen festgehalten werden, gingen auf die Straße, lediglich mit ihrer Stimme bewaffnet, der junge Luis Robles mit einem Plakat im Glauben an das Menschenrecht der freien Meinungsäußerung. Sie wurden zu langen Strafen nach ungerechten Gerichtsverfahren verurteilt, sitzen zum Teil seit mehreren Jahren in Haft unter menschenunwürdigen Bedingungen, manche mehr tot als lebendig.
Die kubanische Regierung: ein Regime, das den bewaffneten Kampf als einen angemessenen Weg sieht, um an die Macht zu kommen (bedenkt man die Worte des Díaz-Canel am 11. Juli 2021 - La orden de combate está dada) wie an jenem 26. Juli, unterdrückt, bekämpft, inhaftiert und foltert seine andersdenkenden friedlich demonstrierenden Bürger, einschließlich Minderjährige, in Ausübung ihrer Menschenrechte. Nicht anders als Batistas Regime.
Nach dem Refrain eines Liedes einer früher bekannten Musikgruppe namens „Moncada“, war der 26. Juli der fröhlichste Tag der Geschichte, (El 26 es el día más alegre de la historia).
Nonsens! Er war alles andere als das.
Und nein, die Geschichte hat Fidel Castro letztendlich nicht freigesprochen.
Nat Neumann, Juli 2023
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