Drei Chinesen mit ´nem Kontrabass
Das Kinderlied hatte ich erstmalig in Deutschland gehört. Ein banales, aber witziges Lied. Mir fiel es neulich auf ein, als ich Nachrichten aus Kuba hörte bzw. sah. Vor ein paar Tagen waren in Caimanera, einem Ort im Südosten des Landes, viele Menschen auf die Straße gegangen. Caimanera liegt in der durch das weltberühmte Lied "Guantanamera" bekannt gewordenen Region Kubas Guantánamo, und grenzt an den ebenfalls bekannten US-Stützpunkt, weshalb viele Kubaner in den ersten Jahren des kommunistischen Castro-Regimes die Ortschaft aufsuchten, um von dort aus dem Land zu flüchten. Im Ort wurde deshalb ein großes kubanisches Grenzschutzregiment stationiert. Die Zone ist gut bewacht. Vor ein paar Tagen, am 06. Mai, wurde Caimanera Zeugin von Straßenprotesten. Der totalitäre kubanische Staat reagierte erwartungsgemäß: Im ganzen Land wurde für Stunden das Internet abgeschaltet, vermutlich, um einen Überspringen der klitzekleinen Widerstandsflamme auf andere Orte der Insel zuvorzukommen. Auf den Bildern und in den Videos, die es doch ins Internet schafften, habe ich Dutzende von Menschen gesehen, meist junge Leute, die durch eine Straße laufen, während sie Libertad ! (Freiheit), Vivan los derechos humanos ! (Es leben die Menschenrechte) und Viva Cuba libre ! (Es lebe ein freies Kuba) skandieren und ein besseres Leben fordern. Offensichtlich gingen sie spontan auf die Straße, angespornt von einem einzelnen Mann, der auf der Straße sich lauthals wegen Strommangel beschwerte und wegen des Mangels an all das, was man für ein anständiges Leben braucht.
Das Regime beendete die Protesten mit Hilfe der Spezialeinheiten des Innenministeriums - wie sollte es anders sein - gewaltsam. Ihre Antwort war nicht zu übersehen bzw. zu überhören: Schläge, Festnahmen und Falschinformation. Die Schergen der kubanischen Diktatur schlugen wieder zu und hinderten Menschen wieder daran, von ihrem legitimen Recht auf Meinungsäußerung und Demonstrationsfreiheit Gebrauch zu machen. Wie am 11 und 12. Juli 2021 wissen Eltern und Verwandte des Festgenommenen bis heute nicht, wo diese sich befinden. Auch diesmal vermutet man, sie werden es erst erfahren, wenn die Nachwehen der Misshandlungen während den Festnahmen und der Haft nicht mehr offen sichtbar sind. Und vermutlich, wie an jenen Tagen im Juli 2021, wird der kubanische Staat versuchen, die Gemüter kurzfristig und kurz mit Bier und „Volksfraß“ zu beruhigen.
Vermutlich, um den Standpunkt der Regierung bekanntzugeben, wurde das Internet Stunden später eingeschaltet. Dann erreichte uns die Botschaft der kommunistischen Regierung:
In Caimanera herrscht absolute Ruhe. Drei Bürger, die unter Alkoholeinfluss die öffentliche Ordnung störten, wurden von den Behörden und der Bevölkerung zur Rechenschaft gezogen. Totale Ruhe in unserem Gebiet. Wie Sie sehen können, sind die Straßen völlig leer und wir übermitteln die totale Ruhe für unsere Bevölkerung und unser Land, … in Caimanera, unserem ersten antiimperialistischen Graben mit totaler Ruhe.
Drei Bürger, die unter Alkoholeinfluss waren …
Nicht drei Chinesen mit ´nem Kontrabass, sondern drei Kubaner mit ´ner Flasche Schnaps.
Nat Neumann, Mai 2023
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