Habemus Papam
Ich musste über einen Post bei Twitter lachen: El que a partir de hoy coma papa es comunista (wer ab heute Kartoffeln isst, ist ein Kommunist). So kommentierte jemand den Empfang vom kubanischen Staatsoberhaupt Díaz-Canel und seiner Frau im Vatikan durch Papst Franziskus am vergangenen 20. Juni (Auf Spanisch heißt Papa sowohl Papst als auch Kartoffel). Der Papst empfing Díaz-Canel für ca. 40 Minuten in privater Audienz, heißt es. Ich freue mich, dass Sie wieder auf den Beinen sind. Vielen Dank, dass Sie dieses Treffen arrangiert haben, habe Díaz-Canel gesagt. Der Papst habe ihm ein Kunstwerk aus Bronze, das eine Taube mit einem Olivenzweig darstellt, überreicht, mit der Aufschrift: „Seid Boten des Friedens.“
Ob Díaz-Canel diese Aufforderung des Papstes ernst nimmt? Glaubt er möglicherweise, er sei es bereits? Möglicherweise ist es so. Doch die kubanischen Demonstranten, die sich an diesem Tag im Vatikan bemerkbar machten, erinnerten ihn daran, dass er eher ein Bote des Unfriedens ist, als er, als Menschen in Kuba am 11. und 12. Juli 2021 auf die Straße gingen und nach Freiheit riefen, verkündete: La orden de combate está dada! (Der Kampfbefehl ist erteilt!) und so Kubaner auf Kubaner hetzte. Sie erinnerten ihn daran, dass er ein Bote der Armseligkeit ist, wenn man die unaufhaltsam wachsende Armut der Kubaner sieht, wie alte, vor Hunger entkräftete Menschen auf der Straße kollabieren und Kinder hungrig ins Bett gehen. Sie erinnerten ihn daran, dass er ein Bote der Verbannung ist, wenn man sieht, wie Kubaner gezwungen werden, auszureisen, oder daran gehindert, in das eigene Land einzureisen. Sie erinnerten ihn daran, dass er ein Bote des Totalitarismus ist, wenn man an die Überwachung, Verhaftung und jahrelange Inhaftierung von opositionellen Kubanern denkt. Sie erinnerten ihn daran, dass er ein Bote der Menschenverachtung ist, wenn man sieht, wie seine Polizei mit Dissidenten und Oppositionellen umgeht und wie diese mehr tot als lebendig in Haft gehalten werden. Sie erinnerten ihn daran, dass er ein Bote der Trauer ist, wenn man bedenkt, wie viel er davon in kubanische Familien gebracht hat und dass diese sich zu einer unendlichen und anhaltenden Trauer entwickelt hat.
Neben den Bildern der vielen politischen Gefangenen und deren schwer geprüften Müttern, Vätern und Kindern fand ich im Netz auch ein Foto von Díaz-Canel, seiner lachenden Gattin, deren Sohn und anderen Beteiligten, alle in feinem schwarzen Zwirn neben dem Papst, mit dem Hinweis eines Twitter-Nutzers: Tausende von Kubanern, die die Freilassung der politischen Gefangenen (auf Kuba) forderten, wurden am 26. Oktober (2022) vom Papst Franziskus abgewiesen und heute empfängt er diejenigen, die mehr als tausend Gefangene wegen ihrer Forderung nach Freiheit inhaftiert haben.
Díaz-Canel schenkte dem Papst im Übrigen eine Skulptur aus Silber, Bronze und Holz mit dem Titel "Der Leser" und zwei Bände mit Werken kubanischer Dichter. Dort fehlt sicherlich die Dichtkunst jener unbequemen und unangepassten Lyriker, die sich dem ideologischen Zwang des Castros Regimes widersetzen; die Dichtkunst jener Dichter, die außerhalb des Spiels sind, fuera del juego, um Heberto Padilla zu zitieren.
Thema der privaten Audienz beim Papst war laut der spanischen Zeitung ABC.es eine Amnestie für politische Gefangene des kubanischen Regimes.
Ich bin auf die Zukunft gespannt, ob Díaz-Canel sich auf eine mögliche Empfehlung des Papst einlässt oder, ob er dem Beispiel seiner russischen und iranischen „Freunde“ folgt. Für die politischen Gefangenen wird seine Entscheidung hoffentlich nicht so schwarz, wie ich sie sehe.
Nat Neumann, Juni 2023
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