Kuba, ein ewiger Sommer?
Ich habe keine Worte, um auszudrücken, was es bedeutet, heute als Kubaner in Kuba zu leben. Das ist die schlimmste aller Strafen. Wir haben die meiste Zeit des Tages keinen Strom. Wir haben kein Wasser, wir haben keine Medizin, kein Essen, keine Freude. Wir ertränken langsam unser Leben in dem Land, in dem wir geboren wurden, und jetzt sterben wir innerlich, trocken, ohne Illusionen oder Gründe. Diejenigen, die gehen konnten, sind gegangen, hier bleiben die Armen, die einfachen Leute, diejenigen, die nicht das Geld haben, um ihre Reise zu bezahlen, hier bleiben die Vergessenen, die Abtrünnigen, die Unterprivilegierten. Während andere bereits auf dem Weg zu neuen Möglichkeiten sind und frei sind, zu träumen und andere Horizonte zu erreichen, frei, zum ersten Mal als Mensch zu leben.
Diese Zeilen einer unbekannten Kubanerin haben mich tief gerührt. Was ist aus meinem Land geworden? Was ist aus dem Land geworden, dass 1953 ein höheres Pro-Kopf-Einkommen als Spanien, Italien und Japan hatte? Was ist aus dem Land geworden, dass 1958 sich eine die eigene Fleischversorgung leisten konnte? Was ist aus dem Land geworden, das, als Fidel Castro an die Macht kam, eine wohlhabendere Nation als Singapur war, mit einer florierenden Tourismusindustrie, reich an Tabak, Zucker und Kaffee? Und: Wo ist der Fortschritt, den Fidel Castro versprach? Wo ist die Gleichheit, die er etablieren wollte? Wo die Achtung der kubanischen Bürger und die Anerkennung ihrer Rechte?
… Zum ersten Mal als Mensch zu leben. Diese letzten Worte der unbekannten Kubanerin, die mich traurig stimmten, mögen sich klischeehaft anhören, übertrieben. Aber wussten Sie, dass die sozialistische Regierung den Kubanern, die Menschenrechte de facto aberkannt hat?
Wussten Sie, dass entgegen Artikel 5 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO Menschen in Kuba Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden,
dass entgegen Artikel 9 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO Menschen in Kuba willkürlich festgenommen, in Haft gehalten oder des Landes verwiesen werden,
dass entgegen Artikel 10 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO Menschen in Kuba keinen Anspruch auf ein öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht haben, das über ihre Rechte und Verpflichtungen oder über irgendeine gegen sie erhobene strafrechtliche Beschuldigung entscheidet,
dass entgegen Artikel 12 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO die Polizei und andere Staatsorgane in Kuba willkürlich in das Privatleben der Menschen, ihre Familie, ihr Heim oder ihren Briefwechsel eingreift und dass die Kubaner Angriffe auf ihre Ehre und ihren Ruf ausgesetzt werden?
Dass Kubaner in Kuba keinen Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen derartige Eingriffe oder Anschläge haben,
dass entgegen Artikel 13 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO die Kubaner kein Recht auf Freizügigkeit und freie Wahl ihres Wohnsitzes innerhalb des kubanischen Staates haben?
Dass nicht jeder Kubaner das Recht hat, das eigene Land zu verlassen sowie in sein Land zurückzukehren?
Wussten Sie, dass entgegen Artikel 18 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO die Kubaner keinen Anspruch auf Gedanken –, Gewissens –, und Religionsfreiheit haben,
dass entgegen Artikel 19 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO die Kubaner kein Recht auf freie Meinung und Meinungsäußerung haben?
Wussten Sie, dass Kuba – nach Angabe der Interamerikanischen Menschenrechtskommission – die höchste Gefangenenrate der Welt hat? Zum 30. März 2021 soll es in Kuba circa 882 Personen pro 100.000 Einwohner gegeben haben, denen die Freiheit entzogen wurde. Die Kommission informierte im Übrigen darüber, dass in den kubanischen Gefängnissen die gleichen Haftbedingungen herrschen, wie sie bei verschiedenen Gelegenheiten analysiert hatte: Überbelegung, vernachlässigte medizinische Versorgung, unzureichende Ernährung, Wassermangel für die Körperpflege, fehlende Belüftung und andere prekäre, hygienische und sanitäre Bedingungen.
Wussten Sie, dass die Polizei in Kuba demonstrierende Bürger, einschließlich Kinder, verprügelt und misshandelt?
Dass manche verhaftet werden und für Tage verschwunden bleiben?
Wussten Sie, dass in Kuba unzählige Menschen in Haft sind, weil sie auf die Straße gingen, um ihre Rechte einzufordern?
Dass in Kuba Minderjährige in Haft sind, weil sie auf den Straßen nach Freiheit riefen?
Dass politische Gefangene in Kuba zu drastischen Strafen verurteilt werden, die wir hier, unter demokratischen Verhältnissen, nur für Kapitaldelikte kennen?
Wussten Sie, dass die letzten demokratischen Wahlen in Kuba 1952 stattfanden? Dass Fidel Castro 1959 Wahlen versprochen hatte und diese alsbald mit dem Slogan „Wahlen? Wozu?“ einkassierte?
Wussten Sie, dass Kuba Ärzte exportiert, während auf der Insel Menschen wegen mangelnder ärztlicher Betreuung sterben?
Wussten Sie, dass im Zeitraum Oktober 2021 bis Juli 2022 von den circa 11 Millionen Einwohnern der Insel 178.000 in die USA ausgewandert sind?
Wussten Sie, dass sie einen beschwerlichen Weg durch den Dschungel von Darién und den Río Bravo in Kauf nehmen? Dass Unzählige von ihnen ihr Leben dabei verloren haben?
Und nein, es ist nicht das amerikanische Embargo, das die kubanische Regierung als Grund allen Übel bezeichnet. Die Achtung der Menschenrechte hat mitnichten mit einer solchen Maßnahme zu tun. Kuba importierte in den letzten 20 Jahren – trotz Embargo - beispielsweise Hühnerfleisch im Wert von 2,368 Millionen USD aus dem Vereinigten Staaten. 2022 belegte Kuba Platz 51 unter den US-Agrarexportmärkten, mit einem Gesamtexportwert von 319,43 Millionen Dollar, wie aus offiziellen Zahlen des US-Landwirtschaftsministeriums hervorgeht.
Offensichtlich gibt es in Kuba ausreichend Mittel, um den Tourismus und die staatlichen Repressionsorgane auszubauen. Und während ununterbrochen Hotels gebaut werden und die Polizei mit Fahrzeugen und moderner Ausrüstung ausgestattet wird, erstickt der Kubaner in Armut und Hunger. Wussten Sie, dass in Kuba eine Elite regiert, die in Saus und Braus lebt, einschließlich ihrer Familien? Glauben Sie nicht? Durchstöbern Sie das Netz nach Sandro Castro oder Raúl Guillermo Rodriguez Castro beziehungsweise El Cangrejo. Sie werden das süße Leben der Enkel von Fidel und Raúl Castro erleben. Das entzückende Leben, das viele andere „Castroligarchen“, fern des täglichen Überlebenskampfes der kubanischen Normalsterblichen, ebenso genießen.
Kuba, ein ewiger Sommer?
Nat Neumann, September 2022
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