Muttertag

Heute ist Muttertag. Und ich denke an meine verstorbene Mutter. Es vergeht kaum einen Tag, an dem ich nicht an meine Mutter denke. Meine Mutter war eine bemerkenswerte Frau. Mein Buch „Ein kleines Stück Himmel“ ist eine Hommage an meine Mutter. Ich widmete ihr das Kapitel „Mutter“. Dort schreibe ich: Sie war zartfühlend, trotz ihrer Respekt einflößenden Erscheinung, eine Frau mit einer besonderen Aura, smart, mit einer natürlichen Eleganz und einer Vertrauen erweckenden Ausstrahlung … Und ausgesprochen schön war sie, wunderschön. Ihre gleichmäßige braune Haut passte zu ihren aparten Gesichtszügen. Im Innern war sie genauso umwerfend. Sie war die schönste Frau, die ich jemals sah …

Es ist kein Zufall, dass ich gerade im Kapitel „Mutter“ auf die katastrophale politische Lage auf Kuba und auf den sozialen Verfall eingehe. Logischerweise weiß ich, dass sie mein Buch nicht lesen wird, doch ich würde ihr gern mitteilen, dass es mit unserem Heimatland weiter bergab gegangen ist. Ich würde gern erzählen, wie viele Mütter heute noch ihren Kindern beweinen, die in politischer Haft sind, wie Betty Guerra Perdomo, die Mutter der Brüder Jorge und Nadir Martin Perdomo. Meine Mutter sollte erfahren, wenn es möglich wäre, wie viele Kinder heute noch ihren Müttern nicht zum Muttertag persönlich gratulieren werden, wie die kleinen Töchter von Aymara Nieto, wie die fünf minderjährigen Kinder von Lizandra Góngora Espinosa. Und dies, weil die kubanische Diktatur sie als politische Gefangenen hinter Gitter gebracht hat. 

Heute werden noch mehr Familien den Muttertag nicht gemeinsam feiern. Ihnen hat Díaz-Canel unendlichen Schmerz und stetige Trauer zum Muttertag geschenkt.

Nat Neumann, Mai 2023