Sein Freund der Russe
Der Präsident Kubas Miguel Díaz-Canel ist nur wenig älter als ich. Also auch er wuchs mit der ideologischen Keule auf, mit der wir seit Fidel Castros Machtübernahme dauerhaft geschlagen wurden. Dazu gehörte auch die auferlegte Liebe zum „Bruderland" der Sowjetunion. Bald nach Castros Sieg wurde beispielsweise in den Schulen weniger Englisch gelernt, dafür mehr Russisch, bis nur noch Russisch als Schulfach gelehrt wurde. Die Menschen aus der Sowjetunion waren unsere Freunde, trichterte man uns ein. Viele unserer angeblichen Freunde hatten ein schönes Leben auf unserer schönen Insel. Sie wohnten in den besseren Vierteln, hatten schöne und gut bewachte Häuser und kauften in gut sortierten, abgeschirmten, für den Normalkubaner unzugänglichen Supermärkten ein. Der Normalkubaner nannte sie geringschätzig, vermutlich aufgrund ihrer Physiognomie und ihrer bezeichnenden runden Köpfe, „Bolos“.
Ich brach meine nie dagewesene Freundschaft mit dem „Sowjetfreund“ beizeiten. Nicht so Díaz-Canel. Und er hält zu ihm, nach dem Motto: „Die Feinde meiner Feinde sind meine Freunde.“
Vor kurzem besuchte Sergei Lavrov, der Außenminister der Russischen Föderation, Kuba. Laut dem kubanischen Außenminister, Bruno Rodríguez, haben sie laufende vorrangige Projekte und Aussichten für eine wirksame Beteiligung Russlands am Plan für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Kubas bis 2030 erörtert.
Und schon spekuliert manch einer darüber, dass Russland ein ähnliches Szenario vorbereitet, wie im Oktober 1962, als die Sowjetunion Mittelstreckenraketen auf Kuba im Rahmen des nuklearen Wettrüstens stationierte. Und tatsächlich kommen dieses und ähnliche Treffen der Russen mit der kubanischen Regierung zu Zeiten, in denen man dies vermuten könnte. Der kubanische nichtgewählte Regierungschef Díaz-Canel hat mehr als einmal gezeigt, dass Kuba, im Konflikt Russland- Ukraine, auf der Seite des Aggressors Russland steht. Seine Meinung nach sind die USA für den Konflikt verantwortlich, als sie die NATO-Grenze zur russischen Grenze hin verschieben wollte:
Die amerikanische Regierung hat den Ursprung des Konflikts manipuliert und mit ihrer enormen Medienmacht ein Gefühl der Verachtung gegenüber Russland geschaffen. Ich glaube, sie hat die Russophobie gefördert und die wahren Ursachen des Konflikts verschleiert und Russland in die Rolle der schuldigen Partei gedrängt. Ich glaube wirklich, dass der Schuldige in diesem Konflikt die Vereinigten Staaten selbst sind. Die US-Regierung hat versucht, sich geographisch Russland zu nähern und die NATO-Grenze näher an die russische Grenze zu bringen. In diesem Konflikt haben sie die Ukraine als Speerspitze benutzt, und in diesem Konflikt haben sie die Unterstützung der europäischen Länder gesucht.
Kein Wort zum Krieg. Kein Wort darüber, dass Russland bereits 2014 die Krim annektiert hat. Kein Wort zur Sinnlosigkeit dieses Eroberungskrieges. Und auch kein Wort darüber, dass Russland selbst mit seiner Aggression die Annäherung der NATO-Grenze an sein Territorium geradezu heraufbeschwören hat.
Die kubanische Twittergemeinde im Exil ist in Aufregung: Sie werden uns Amerikaner alle braten !… ; und so wird Kuba erneut zu einer Bedrohung für die nationale Sicherheit, und die Vereinigten Staaten haben die Gelegenheit verpasst, am 11. Juli zu intervenieren; und wundert euch nicht, wenn ihr kubanische Wehrpflichtige in der Ukraine kämpfen seht; jetzt wird es spannend, der Dritte Weltkrieg kann beginnen!
Sicherlich ist das aktuelle Rendezvous Russlands mit Kuba strategischer Art ist. Russland müsste mehr als genug mit dem Krieg, den es selbst angeleiert hat, beschäftigt sein. Vor ein paar Tagen nahm Díaz-Canel Stellung zu der Energiekrise auf der Insel. Indirekt machte er u.a. Russland dafür verantwortlich, dass es seine vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist bzw., wie er sich ausdrückte, nicht in der Lage war, nachzukommen. Doch auch Kenner wie der ehemalige kubanische General Rafael del Pino weisen auf die Gefahren eines Militärbündnisses mit Russland hin. Anfang März besuchte der Sekretär des russischen Sicherheitsrates Nikolai Patrushev Kuba und Venezuela. Dieser Besuch habe absolut nichts mit handelspolitischer Zusammenarbeit oder wirtschaftlichen oder wissenschaftlichen Entwicklungsprojekten zu tun, sondern ist im Wesentlichen mit militärischen Aspekten verbunden, so Herr del Pino.
Zu der Gesamtlage meint er: Es ist klar, dass Putin den Krieg, den er in der Ukraine begonnen hat, verliert und einer demütigenden Niederlage immer näher kommt (...) Um dies zu verhindern, braucht er einen psychologischen Schlag, um das Bild zu vermitteln, dass er zu allem bereit ist, wenn die Vereinigten Staaten und die NATO die Ukrainer weiterhin unterstützen (...) Die Einrichtung einer militärischen Marinepräsenz in der Karibik würde ihm helfen.
(…) Es gibt eine plausible Logik zwischen heute und der Raketenkrise von 1962.
Herr del Pino wird es wissen. Während der Zeit war er Fidel Castros Berater für die kubanische Luftwaffe.
Die Lage scheint ernster zu sein, als wir glauben.
Nat Neumann, April 2023
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