Trionfo della Morte

Wenn ich nach Pisa reise, muss ich unbedingt in den Campo Santo, diesen monumentalen Friedhof, wo man nicht nur Ruhe einatmet, sondern wo man auch jene alten Fresken bewundern kann, in denen man jedes Mal neue kleine Details entdeckt. Ich kann mich nicht an den Fresko von Buonamico Buffalmacco "Trionfo della Morte", sattsehen, dessen Szenen ich nun mit dem Geschehen in meinem Geburtsland verbinde. Denn in Kuba, dort, wo Fidel Castro vor 64 Jahren seine Revolution triumphieren ließ - während er die politische Vielfalt tötete - triumphiert heute der Tod.

In einem der vergangenen Posts berichtete ich über den Tod von einigen Neugeborenen in einer Geburtsklinik in Havanna aufgrund einer Sepsis: ein unglaublicher Vorfall. Als wäre das nicht genug, erfuhr man gestern, dass im Psychiatrischen Hospital Holguíns mehr als 14 ältere Menschen in den ersten zwei Wochen dieses Februars starben, wegen Unterernährung, Anämie, Bronchopneumonie. 2010 starben 26 Patienten im Psychiatrischen Hospital Havannas an Unterkühlung. Wieder ein kollektives Sterben in einem Land, das sich selbst als Potencia Médica, medizinische Macht, bezeichnet. Menschen starben an vermeidbaren Krankheiten, Menschen, die in einem Land lebten, das Ärzte und Medikamente exportiert, während es für die Kranken im Land weder das Eine noch das Andere ausreichend gibt. Wozu? Um die Organe, die das Volk tyrannisieren, auszurüsten, um die unterdrückende Exekutive auszubauen. Und um Hotels zu bauen. Auf der einen Seite wachsen also jene Hotels, wo die Touristen das schöne Gesicht Kubas genießen, und es wächst die Lebensqualität der kubanischen Führungsriege. Auf der anderen wächst das Leiden der einfachen Bevölkerung. Das ist eine der Facetten des hässlichen Gesichts meiner schönen Insel. Und so erinnern sich immer weniger mit Wohlgefallen an den Triumph von Castros Revolution. An solchen Tagen denkt man eher an El trionfo della morte. Es ist der Triumph des Todes.

Nat Neumann, Februar 2023