Traum oder Albtraum
Es sind die kleinen Geschichten des Alltags, die über das reale Leben Auskunft geben. Nicht die Statements der Regierenden, die weismachen wollen, welche gesellschaftliche Entwicklung sich in ihrem Land gerade vollzieht.
Nat Neumann hat solche Geschichten zusammengetragen und ihre eigenen Gedanken dazu in dem Buch „Cuba si, pero asi No!“ (Kuba ja, aber nicht so!) aufgeschrieben. Das ist besonders interessant, denn die Autorin, die stolz darauf ist, auf der karibischen Insel geboren und aufgewachsen zu sein und eine enge Bindung zu Familie und Freunden hat, berichtet objektiv über die Entwicklung in den Jahren 2021 bis 2023.
„Als Christoph Kolumbus das Meer und die Küsten Kubas sah, rief er: Nie sah ich so etwas Schönes! 400 Jahre später sprach Hemingway die gleichen Worte, als er in das kleine Dorf Cojímar kam. Noch heute sind die Besucher verzaubert und gefangen von dem Licht, den Farben und den Rhythmen dieses warmen und einladenden Landes“, hieß es Anfang der 2000er Jahre im Bildband „Kuba die Königin der Karibik“. Die Natur ist so schön wie eh und je. Aber bei den Kubanern weicht die Lebensfreude der Verzweiflung.
Wer heute überlegt, als Tourist das Land der Sonne, Palmen und der paradiesischen Strände zu besuchen, und diejenigen, die noch immer die kubanische Revolution glorifizieren, sollten sich in den sozialen Medien schlau machen und Bücher wie dieses lesen.
Kuba steckt in einer Krise von ungeahntem Ausmaß noch größer als die „Periodo Especial“, die Sonderperiode nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Zwischen 2021 und 2023 verließen gut eine Millionen Menschen den Karibikstaat. Das sind rund zehn Prozent der Bevölkerung, so Angaben der kubanischen Statistikbehörde ONEI. Es ist der größte Exodus seit der Revolution von 1959.
Wozu Dummheit, Verblendung und Arroganz der oberen Zehntausend führen können, zeigte im Dezember 2022 eine Äußerung der Parteivorsitzenden im Universitätskrankenhaus „Julio Trigo“ von Havanna, die vor versammeltem Auditorium äußerte: „Die Nazis waren stolz darauf Deutsche zu sein. Ihr müsst stolz darauf sein, Kubaner zu sein.“ Einst waren die Kubaner stolz auf ihr Gesundheitssystem. Aber in den letzten Jahren sind Kindersterblichkeit und Müttersterblichkeit enorm angestiegen. 2023 notierte Nat Neumann, dass die Lebenserwartung bei Frauen von 80 auf 73,9 Jahre und bei den Männern von 76,5 auf 68,9 Jahre sank.
Und wie steht es um die Moral? Ein bekannter Künstler, der mehr als 30 Frauen und Minderjährige mißbraucht hatte, wurde zu nur fünf Jahren Hausarrest verurteilt. Sind wirklich alle Menschen gleich, wie es die Revolutionäre seit Jahrzehnten propagieren?
Wenn es um ihren Machterhalt geht, verfährt die Justiz hart. Als am 11. Juli 2021 die kubanische Zivilgesellschaft auf die Straße ging, um gegen die prekäre ökonomische Situation im Land zu protestieren, wurden insgesamt 1339 Personen festgenommen. Ende Januar 2022 waren noch mindestens 710 in Haft, darunter 14 Minderjährige.
Von insgesamt 128 des Aufruhrs Angeklagten, die sich zwei späteren Protesten in Havanna anschlossen, kam einer frei, der Rest erhielt Strafen zwischen sechs und 30 Jahren, wie der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages berichtete.
Als ich in den 2010er Jahren auf Kuba war, hörte ich stets, dass die US-amerikanische Blockade an den Problemen des Landes schuld sei. Das stimmt, aber nur zum Teil. Denn mit diesem Argument hielt man jahrzehntelang die Kubaner ruhig. In dieser Zeit hat die Nomenklatura eine Dekadenz entwickelt, die es ihr und ihren Nachkommen ermöglicht, in Saus und Braus zu leben. So Fidel Castros Enkel Sandro, der bei Instagram seinen prunkvollen Lebensstil zur Schau stellt. Dank des Internets, das jahrelang auf Kuba verhindert wurde, erfahren auch immer mehr Einheimische, wohin diese Entwicklung geht. Ihre existenzbedrohende Situation erleben sie alltäglich.
José Marti, ein kubanischer Revolutionär des 19. Jahrhunderts und Schriftsteller, dessen Büste vor jeder Schule auf der Insel steht, schrieb: „Die ungebildete Masse ist in Dingen des Verstandes schwerfällig und möchte, dass man sie gut regiert; aber wenn die Regierung ihr Schaden zufügt, schüttelt sie diese ab und regiert selbst.“ Das wird das kubanische Volk im 21. Jahrhundert von Marti noch lernen!
Angelika Giorgis, Journalistin
"Nat Neumann gelingt es in 'Cuba Sí, pero aSI NO!', die vielschichtige und oft verschleierte Realität Kubas mit beeindruckender Klarheit und analytischem Scharfsinn offenzulegen."
Mit „Cuba Sí, pero aSI NO!" präsentiert Nat Neumann eine kritische und tiefgehende Analyse der kubanischen Realität, die romantisierte Sichtweisen und gängige Klischees hinterfragt. Die Autorin, selbst in Kuba geboren und aufgewachsen, reflektiert über ihre eigene ideologische Indoktrination und die ernüchternde Erkenntnis, dass die Realität des Landes von Unterdrückung, wirtschaftlichem Verfall und Menschenrechtsverletzungen geprägt ist.
Besonders eindrücklich sind Neumanns Schilderungen der Repressionen, die gegen Andersdenkende in Kuba angewendet werden. Sie berichtet von den unmenschlichen Haftbedingungen, unter denen politische Gefangene – darunter auch Minderjährige – leiden, und von der willkürlichen Verhaftung und Verurteilung von Menschen, die nichts weiter getan haben, als ihre Meinung zu äußern. Diese Darstellung der Menschenrechtsverletzungen zeigt die erschreckende Realität eines Landes, das seit Jahrzehnten unter einer Diktatur leidet.
Neumann spart auch nicht mit Kritik an der herrschenden Elite, die sich in Dekadenz und Selbstgefälligkeit suhlt, während das Volk in Armut und Hoffnungslosigkeit versinkt. Sie zeigt auf, wie die Kluft zwischen den wenigen Privilegierten und der breiten Masse der Bevölkerung immer größer wird, und kritisiert scharf die internationalen Unterstützer des kubanischen Regimes, die die Situation im Land verharmlosen oder ignorieren.
"Cuba Sí, pero aSI NO!" ist ein leidenschaftlicher Aufruf zur Veränderung. Neumann fordert ein Ende der Diktatur und plädiert für ein Kuba, in dem Menschenrechte geachtet und demokratische Prinzipien respektiert werden. Ihr Buch ist ein wichtiges Zeugnis der aktuellen Lage in Kuba und ein eindringlicher Appell für Freiheit und Gerechtigkeit. Für jeden, der sich mit der Realität Kubas auseinandersetzen möchte, ist dieses Buch eine unverzichtbare Lektüre.
Dr. Jonas Geissler, Mitglied des Deutschen Bundestages
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